Sonntag, 26. Dezember 2010

Chaiten - Coyhaique

Puenktlich zu Weihnachten erreichen wir die einzige groessere Stadt an der Carretera Austral, Coyhoique mit ca. 50 000 Einwohnern.


Nun haben wir bereits 450 km auf der legendaeren Carretera Austral zurueckgelegt. Wieso eigentlich legendaer? Die Strasse fuehrt durch sehr unwegsames Gelaende und ist die einzige Verbindung innerhalb Chiles, die das chilenische Gebiet Patagoniens an Santiago sicherstellt. Die Strasse wurde durch dichten Urwald gehauen, durch Fjordlandschaften, enge Gebirgspaesse, entlang steiler Felswaende und durch die staubtrockene Pampa. Bis heute kostete der Bau und Unterhalt dieser Strasse ueber eine Milliarde US-Dollar. Obwohl die Einwohnerzahl dieser Region sehr gering ist, wird der Bau nach wie vor vorangetrieben. Das ganze Projekt geht auf Praesident Pinochet zurueck, der die Strasse als notwenig erachtete, um durch die Erschliessung aller Landesteile kein Territorium an andere Staaten, vorallem Argentinien, zu verlieren. Wir pedalen so zusagen auf dem teuersten Veloweg der Welt. Bis jetzt haben wir auf unserer Reise nur wenige bis keine Reiseradler getroffen. Das hat sich nun schlagartig geaendert. Fuer ein paar Tage lassen wir die Zweisamkeit hinter uns und reisen zusammen mit einem Paerchen aus der Schweiz.

Kurz nach der Faehrueberfahrt nach Chaiten


Ab Chaiten ging es vorerst zuegig auf 30 km asphaltierter Strasse voran. Nach dem Aufenthalt in der wunderbaren Thermalquelle ging es dann auf einer recht guten Schotterstrasse weiter. In diesem Abschnitt beeindrucken vorallem die Sicht auf schneebedeckte Gipfel (der Schnee scheint wirklich nah), dichter Urwald, sprudelnde Fluesse und grosse und kleine Wasserfaelle, die links und rechts von der Strasse rauschen. Jeweils nach einem Tag Schwitzen auf dem Velo ueberwinden wir uns, in den klaren aber eiskalten Seen und Fluessen ein Bad zu nehmen. Wesentlich angenehmer, um dann in den Schlafsack zu kriechen.


Ankuendigung von jeder Steigung und Abfahrt
Weil wir mit den Velos unterwegs sind, ist das Wetter, die Topografie und der Strassenzustand ein wesentlicher Faktor, um abzuschaetzen, wie schnell wir vorankommen und wieviel Essen wir mitnehmen muessen. Bisher hatten wir nur zwei Tage richtig Regen, ansonsten war es bewoelkt, zeitweise etwas Nieselregen jedoch mit vielen Aufhellungen und Sonnenschein. Ein paar Windboeen konnten wir auch schon erleben. Wir hatten also Wetterglueck.



Nach ein paar Naechten im Zelt goennen wir uns jeweils einen Aufenthalt in einem Hostal. So auch im kleinen Dorf Puyuhuapi, das seinerzeit von Deutschen gegruendet worden ist und die dort eine Teppichfabrik aufgebaut haben. In diesem Hostel ist das Fruehstueck inbegriffen. Wir sitzten also am Tisch, ein Koerbchen mit vier weissen Broetchen vor uns, die wir im Nu verdruecken. Unser Hunger ist natuerlich noch nicht gestillt und wir fragen um Nachschub. Zwei weitere erhalten wir noch... Zum Glueck scheinen die Touristen, die per Bus unterwegs sind, nicht so Hunger zu haben und sobald sie sich vom Tisch entfernen, stuerzen wir uns auf die Broetchen, die noch da sind. Am Schluss muessen wir ueber uns selber lachen...


Ueberall wachsen hier die Nalcapflanzen, deren Blaetter riesengross werden koennen und unserer Rhabarber sehr aehnlich sind. Wir wagen also das Experiment, holen am Fluss ein paar Staengel und versuchen ein Kompott zu kochen. Mal etwas anderes auf unserem Menuplan... Die Hostelbesitzerin findet es recht amuesant, als wir in ihrer Kueche damit antraben. Am naechsten Tag kochen wir Aelplermaccaroni. Die Besitzerin schaut interessiert in die Pfanne und schreibt sich schlussentlich das Rezept auf.

Die Nalca-Blaetter, gross wie Regenschirme

Nach zwei Wochen unterwegs freuen wir uns auf eine Stadt, die Voll-Service bietet. Das heisst fuer uns Waesche zum Waschen bringen, feines Yoghurt und Mueesli im Supermarkt einkaufen, eine Verbindung in die weite Welt zu finden usw... Auch hier fallen wir mit unseren bepackten Velos auf und werden oft angesprochen. So auch von einem neunjaehrigen Jungen, der sich sehr interessiert. Uns amuesiert vorallem die Frage, ob wir Kinder haben. Diese Frage scheint hier mit der Muttermilch aufgesogen zu werden und wird immer gestellt.
 

Der Ausbau der Carretera Austral hat die Auswirkung, dass mehr Gebiet besiedelt und Viehwirtschaft betreiben wird, d.h. viele Wiesen sind leider eingezaeunt und nicht frei zugaenglich. Wir freuen uns nun auf die weiteren Etappen, die mehr Wildnis, Einsamkeit und weniger Zivilisation verspricht.

Wir wuenschen euch eine ruhige und erholsame Altjahrswoche und eine guten Rutsch ins 2011.
Liebe Gruesse Monika und Jok

Freitag, 17. Dezember 2010

Puerto Montt- Chaiten

Puerto Montt verlassen wir auf der Kuestenstrasse Richtung Insel Chiloe. Dank ein bisschen Rueckenwind (Hurra¡) fliegen wir fast ueber die gut asphaltierte Strasse nach Pargua, wo uns eine Fahre auf die Insel bringt.

Vor dem Staedtchen Ancud finden wir direkt am Pazifik zwischen dichten Bueschen und einer Sandduene einen guten Ort fuer unser Zelt. Uebrigens gilt die Insel Chiloe als ein Ort, wo die chilenische Kultur und die verschiedenen Traditionen noch am urspruenglichsten sind. In einem Hospedaje in Castro finden wir dann auch einige Sagen, die ueber die Mythen der Insel und ihre Geschichte erzaehlen. Zudem gibt es auf der Insel 150 Kirchen, die vollstaendig aus Holz gezimmert wurden, inklusive Holznaegel. Die Insel gilt als regenreich, wir durften jedoch viel Sonnenschein geniessen.


renovierte Kirche
Neben Chiloe besuchten wir auch die kleinere Insel Quinchao, auf der wir an einem Sonntag die Einweihung der renovierten Kirche besuchten. Die Festlichkeiten beschraenkten sich auf einen (fuer unseren Geschmack und wohl auch einigen Chiloten) langen Gottesdienst mit vielen Ansprachen (alles spanisch¡). Nicht wenige Chiloten nutzten daher die Zeit, um sich in ihren Pickups ein Nickerchen zu goennen. Dennoch war zu spueren, dass die Einweihung ein wichtiges Ereignis ist, das man/frau besucht. Unsere Velos stellten wir fuer eine Weile ab und schlenderten noch an der Kueste entlang. Als wir zurueck kamen, standen fuenf Carabinieros de Chile um die Velos und betrachten sie eingehend. Als wir dazu kamen, schien es ihnen etwas peinlich zu sein, zeigten dann fragend auf die Lenkertaschenhalter und die Sattelfederstuetze, weil sie sich wohl keinen Reim davon machen konnten. Gut bewacht waren die Velos auf jeden Fall. Spaeter fragte dann Einer, ob wir in der Schweiz denn schon als Kinder velofahren lernen. Nach der Messe stroemten die Leute wieder nach Hause...


Insel Quinchao

Die Strassen auf Chiloe sind meist gut und asphaltiert. Unsere Beine werden trotzdem beansprucht, weil es doch chiloetypisch auf und ab geht. Oft kam es vor, dass uns bei Aufstiegen Lastwagenfahrer zuwinkten, den Daumen hochstreckten. Auch sie muessen oft in den ersten Gang zurueck schalten. Ausserdem liegen auf Chiloe alle Staedte am Meer, dementsprechend abwaerts oder eben aufwaerts geht es. Unser Appetit ist dementsprechen gross und wir moegen einiges verdruecken. Unterwegs sehen wir oft eine Art Treibhaus, in der die Chiloten ihre Schafwolle trocknen.

Im Sueden der Insel erreichen wir Quellon, von wo einmal woechentlich, am Freitag, um Mitternacht (richtig gespenstisch¡) eine Faehre nach Chaiten (Festland) faehrt. Unsere Velos meussen wir bereits um 16.00 Uhr zur Anlegestelle bringen, die etwas ausserhalb des Ortes liegt. Da treffen wir nun auch andere Reiseradler, unter anderem ein Schweizer Paar mit denen wir fuenf Tage gemeinsam verbringen werden.

Beim Znacht in einem Restarurant entdecken wir, einige hundert Meter draussen im Meer, unser Schiff, das von der Anlegestelle weggefahren ist. Wir erfahren spaeter, dass nun Ebbe herrscht und das Schiff nicht mehr in den Hafen einlaufen kann. Vor der Abfahrt finden wir uns im Ticket Office der Faehrgesellschaft ein. Wir witzeln noch, dass wir wohl mit einem Ruderboot rausgefahren werden und dann ueber die Strickleiter aufs Schiff klettern muessen. Spaeter heisst es dann doch Schwimmwesten anziehen und ab auf ein Motorboot, das uns tatsaechlich zum Schiff bringt. Durch eine Tuere in der Schiffswand gelangen wir ueber einen kleinen Steg, links und rechts Wasser, in den Laderaum, wo auch unsere Velos unversehrt dastanden. Recht abenteuerlich um Mitternacht¡

Entgegen der eher schlechten Wetterprognose fahren wir in Chaiten mit unseren Raedern bei drei Grad und klarer Sicht auf verschneite Gipfel auf der Carraterra Austeral los. In den Thermen waermen wir uns im 40 Grad warmen Wasser auf. Einfach wunderbar¡ Im naechsten Beitrag werden wir ueber die erste Zeit auf der Carraterra Austral berichten. Bereits sind wir 200 km suedlicher im kleinen Ort Puyuhuapi angelangt, wo wir uns wieder eine Pause goennen.

Morgens um 07:00 bei der Anfahrt auf Chaiten

Die ersten Kilometer auf der Carraterra Austral.

Wir wuenschen Euch allen eine besinnliche Adventszeit und natuerlich schoene Weihnachten¡
Liebe Gruesse Monika und Jok

Mittwoch, 1. Dezember 2010

San Pedro de Atacama - Puerto Montt

Wir hatten einen gutgelaunten Buschauffeur angetroffen, der uns schliesslich nach Santiago mitnahm (Suerte gehabt¡). Gerade am gleichen Tag ging fuer uns die Busreise nach Temuco, unserem naechsten Etappenstartort, weiter.

Bei Regen und kuehleren Temperaturen starten wir in die Seenregion. Zehn Tage pedaln wir entlang von gruenen Feldern, dichten Waeldern, umrunden Seen (die, wenn die Sonne scheint, glitzern), ueberqueren rauschene Fluesse und geniessen die Sicht auf raeuchelnde Vulkane. Oder lassen uns vom warmen Thermalwasser verwoehnen. Was fuer ein Gegensatz zum Norden¡ Auch hier ist die Vorweihnachtszeit eingetroffen: auf den Maerkten gibt es Erdbeeren und Kirschen zu kaufen, gleichzeitig blinkt in den Schaufenster die Weihnachtsdekoration.

Sicht auf Vulkan Villarica
Nach dieser Zeit zog es uns weiter nach Sueden. Um die Strecken, besonders auf der Panamericana (Autobahn, Nord-Suedverbindung), schneller ueberwinden zu koennen nahmen wir ab und zu einen Lift (wir Reiseradler nennen die Autostoppfahrten so). Hier im Lande sind viele Pickups unterwegs, deren Fahrer teilweise froh sind um Abwechslung. Einmal fuhren wir sonntags im Eiltempo mit einem katholischen Pfarrer mit deutschen Wurzeln mit. Im Ort angekommen, stellte er sein Auto vor der Kirche ab, liess den Autoschluessel stecken (mache er immer so) und meinte mit einem Augenzwinkern, wir sollten die Reise nicht mit seinem Wagen fortsetzen. Als wir am Raeder abladen sind, kommt er aus dem Pfarrhaus, diesmal mit Talar darunter dieselben Jeans, die er vorher getragen hat und eilt in die Kirche, wo sich bereits die Gemeinde zur ersten Kommunion versammelt hat.


Nun sind wir auf dem Sprungbrett zu Patagonien, im Staedchen Puerto Montt angelangt, wo wir uns ein paar Tage Pause goennen. Morgen werden wir die Insel Chiloe, auf der es noch so richtig chilenisch zu und her gehen soll, anpeilen.

kleine Bootsrundfahrt in Puerto Montt

Liebe Gruesse Monika und Jok, die heute etwas schreibfaul sind...