Sonntag, 23. Januar 2011

Coyhaique (Chile) - El Chalten (Arg.)

Nach Weihnachten verlassen wir Coyhaique, unsere Taschen sind wieder voller Vorraete, da wir nun in eine einsamere Gegend mit nur kleinen und entfernten Doerfern kommen. Die Strasse fuehrt uns nun nahe an die argentinische Grenze, deshalb ist die Gegend trockener und regenarmer.

Beim Auskunftschaften eines Uebernachtungsplatzes faellt Monikas Velo genau auf einen Randstein der Strasse und die Vorderbremse bricht ab. Der letzte Veloladen der Carretera Austral war in Coyhaique... Nach langem ueberlegen kommen wir zum Schluss, dass eine Rueckkehr nach Coyhaique nur wenig Sinn macht, da sie diese Bremse kaum im Sortiment haben werden. Monika faehrt nun nur mit der Hinterbremse. Aergerlich, aber nicht zu aendern.

Nach dem Dorf Villa Cerro Castillo faengt die Schotterstrasse an, Schotterstrasse nun bis ans Ende der Carretera Austral. Die Gegend hier ist jetzt wirklich trockener und wir treffen weniger haeufig auf Baeche. So muessen wir auch mal Trinkwasser aus einem Teich filtern, um unsere Trinkflaschen aufzufuellen. Ungewoehnlich, weil vorher andauernd irgendwo Wasser plaetscherte, das wir ohne Bedenken trinken konnten. 

Entlang eines Flusses, der sich seinen Weg durch das Tal sucht und in dem viele Baumstaemme aus dem Wasser ragen, fahren wir nun mit anderen Reiseradlern: Zwei Schweizer, eine Deutsche, ein Belgier und ein junger Franzose. 


Nun beginnen sehr sonnige und heisse Tage, die ungewohnt sind fuer Patagonien. Einerseits sehen wir dadurch die eindrueckliche Landschaft und Berggipfel besonders gut. Andererseits werden wir von aggressiven Bremsen geplagt. Wir fahren also auf Schotterstrasse, teilweise steil bergauf, kein Fahrtwind mehr, konzentriert auf die Strasse, zugleich schwirren 20-30 Bremsen um uns herum und versuchen uns zu piesaken. Anti-Muecken-Spray nuetzt leider nichts. Es helfen nur lange Kleider oder schnelle Fahrt mit entsprechendem Lueftchen. Pausen werden zur Plage.

Den Silvester verbringen wir mit unserer Reiseradlergruppe, wo auch noch ein Englaender dazustoesst. Wir machen ein Barbecue mit Hamburgern aus der Gefriertruhe eines Minimercados. Das einzige verfuegbare Fleisch in diesem Ort. Mit verschiedenen Salaten und Zutaten wurde das Ganze zu einem superfeinen Festessen. Ein toller Silvester mit Lagerfeuer und Blick in den unendlichen Sternenhimmel. 

Lago General Carrera
Die Gegend wird nun einsamer. Wir kaufen jeweils fuer 4-5 Tagen ein. Die Landschaft scheint uns urspruenglicher zu sein, als bisher. Uns gefaellt dies sehr. Leider sind in dieser Gegend fuenf Stromwasserkraftwerke geplant, die tiefe Einschnitte in die Landschaft verursachen wuerden. Die meisten Leute, mit denen wir gesprochen haben, sind dagegen. Doch sie befuerchten, dass die Regierung nicht auf ihre Argumente eingehen wird und dass die Kraftwerke gebaut werden. Stromproduktion im rauhen Sueden, fuer den Norden des Landes. Extrem schade¡ PATAGONIA SIN REPRESAS¡


Es folgt nun wohl eine der anstrengensten Etappen. Dreimal nacheinander sind 400 Hoehenmeter, zum Teil auf schlechter Strasse, zu ueberweinden. Jeweils auf dem hoechsten Punkt faellt die Strasse wieder aufs Ausgangsniveau zurueck, um gleich wieder hoch zu fuehren. Landschaftlich aber eindrucksvoll. Im naechsten Ort, Cochrane, lassen wir es uns gut gehen. Dort gibt es einen lustigen Laden, in dem es vom Betonmischer zum Schiffsmotor, von der Zahnbuerste zum Gewehr und von Socken zu allgemeinen Lebensmitteln alles gibt. Leute aus entfernten Orten kommen hierher, um sich mit allem Moeglichen einzudecken. 


Nach einem Monat auf der Carretera Austral (seit Chaiten) treffen wir nun am Ende der Strasse in Villa O'Higgins ein. Kaum zu glauben¡ Bei unserer Planung ein Meilenstein und jetzt sind wir nach gut tausend Kilometern per Pedales auf der Carretera Austral da. Ein sehr eindruecklicher Abschnitt unserer Reise. Hier im Dorf trifft einmal im Monat einen Lastwagen mit frischen Fruechten und Gemuese ein, geliefert ueber diese einzige Strasse. Andere Lebensmittel werden haeufiger angekarrt.

Einige Raeder auf dem Lago O' Higgins
Mit uns sind auch acht andere Reiseradler da, die den abenteuerlichen Grenzuebergang nach Argentinien ueberqueren wollen. Zuerst geht es per Schiff ueber den Lago O'Higgins. Wegen schlechtem Wetter muessen wir einen Tag auf die Abfahrt warten. In der Sauna des Hostels (ein geschaeftiger Spanier hat da eine finnische Sauna gebaut) erholen wir uns von den Tagen auf dem Velo. Bevor uns das Schiff am anderen Ufer absetzt, besuchen wir den Gletscher O'Higgins. Atemberaubend¡
Kalt und windig - aber traumhaft
Kaum steht am Abend das Zelt, kommen die Grenzer mit Traktor und Wagen vorbei. Wir lassen alles stehen und liegen und steigen mit unseren Paessen auf den Anhaenger. In einer rasanten Fahrt ueber Stock und Stein geht es hinauf zum Grenzposten, wo wir unseren Ausreisestempel erhalten. 

Am zweiten Tag koennen wir die Haelfte unserers Gepaecks auf ein Pferd verladen lassen, um die folgende Strecke ueber die gruene Grenze einfacher meistern zu koennen. Auf der chilenischen Seite fuert ein Fahrweg hinauf zur Grenze. Auf den ersten 5 km muessen wir zum Teil schieben, dann wird es angenehmer. In Argentinien fuehrt einen Pfad hinab zum Lago del Desierto. Oft fuert er durch sumpfiges Gebiet, Baeche muessen wir ueber Holzstaemme ueberqueren. Am Abend folgt noch eine weitere Ueberfahrt mit einem Schiff und am dritten Tag noch 37 km pedalen und wir sind wieder in der Zivilisation, in El Chalten. Wow, hat das viele Touristen hier. Das sind wir nicht gewohnt. Dafuer lernen wir am ersten Abend die Vorzuege von Argentinien kennen: Riesige Steaks, gute Pommes Frites, guter Wein und echter Bohnenkaffee.


Wir geniessen das Reisen nach wie vor und sind dankbar, dass wir das alles erleben koennen und dass es uns gut geht. Im naechsten Blog werden wir berichten, wie es uns in der Pampa ergeht und was wir im bekannten Park Torres del Paine erleben werden.

Liebe Gruesse aus El Calafate
Monika und Jok